Borna - damals und heute
Die Reichsstraße in Borna in den Achtzigern. Wie verändert sich eine Stadt in so vielen Jahren?
Schüler vom Bornaer Gymnasium begeben sich mit Bildern von Zeitungsfotograf Hans Bajohra auf Foto-Rallye.
Sophie Wagner fotografiert gern – und für Geschichte interessiert sie sich auch. Also beteiligt sie sich mit neun weiteren Schülern an der Foto-Rallye, die das Gymnasium „Am Breiten Teich“
gemeinsam mit dem Stadtmuseum kürzlich startete.
Ausgangspunkt sind Aufnahmen des langjährigen LVZ-Fotografen Hans Bajohra von der Reichsstraße. Die Fotos waren Mitte der 1980er Jahre entstanden.
„Wir suchten uns Motive aus, die uns gefielen und fotografieren sie dann ebenfalls“, berichtet die Elftklässlerin. Möglichst genauso wie Bajohra damals.
Sie wählt ein Haus, in dem früher im Erdgeschoss ein HO-Geschäft für Sport-Schuhe war.
„Aus der heutigen Perspektive sieht man nicht mehr nur das Gebäude“,
meint die Schülerin, „Straßenbeleuchtung sowie Begrünungsanlagen haben
sich in die Sicht eingefügt.“ Auch das Geschäft hat im Laufe der Jahre
gewechselt.
Fensterverzierung und Figur sind geblieben
Geblieben sei allerdings die Bauweise und das allgemeine
äußere Erscheinungsbild – mit allen Details wie Fensterverzierung und
Figur. Faszinierend findet sie, wie Dinge auf der einen Seite bleiben, auf
der anderen Seite sich aber eben doch stark verändern. Schwierig sei,
den Standort fürs Foto zu finden, sagt Sophie. Mit ihrem Handy sei der
Bildschnitt nicht genauso wie im Original möglich.
Damals und heute vergleichen
Zehn Schüler von der achten bis zwölften Klasse beteiligten sich an der
Foto-Rallye. Sie sind Schüler von Lehrerin Steffi Kohlmetz. Die Fachleiterin für
das gesellschaftswissenschaftliche Profil fand es interessant, wenn
Schüler Fotomotive von früher und heute miteinander vergleichen können
und dabei selbst aktiv werden.
Professionelle Einführung in die Fotografie
Bevor die Jugendlichen mit Handy
oder Kamera auf Motivsuche gehen, bekommen sie eine professionelle
Einführung von dem früheren LVZ-Fotografen Günther Hunger. Mit seiner
40-jährigen Berufserfahrung beschreibt er Fotojournalismus in der DDR und
BRD – mit Vor- und Nachteilen. „Man sollte Fotos heute nicht immer
trauen. Es gibt so viele Falschmeldungen, weil Bilder mit der modernen
Technik so leicht manipuliert werden können“, sagt er.
Fotograf Günther Hunger gibt den Jugendlichen Tipps für den Praxisteil der Foto-Rallye. Die Aufgabe sei nicht einfach, „vor allem was Brennweite und Standpunkt betraf“, meint Hunger und lobt später: „Die Schüler haben das sehr gut hinbekommen.“
Leonie, Paula und Laura sind zu dritt unterwegs. Sie fotografieren die Reichsstraße durch das Stadttor.
Paula Frommhold findet interessant, wie die Reichsstraße sich in dreißig Jahren verändert hat.
Flair aus alten Zeiten
„Zwei Häuser wurden abgerissen. Manche
Gebäude haben eine sanierte Fassade bekommen, andere haben aber auch noch das alte Flair. Das war spannend“, sagt die 16-Jährige.
Die Schülerinnen fotografieren auch den kleinen Engel an einem der Häuser in der Reichsstraße, wie einst Hans
Bajohra. „Es ist nicht leicht, die Perspektive zu finden“, sagt Leonie
Göhler.
Bei dem Engel ist die Position knifflig: Der Fotograf stand offensichtlich viel höher. Möglicherweise hatte er damals eine Leiter, sonst hätte er die Figur nicht auf Augenhöhe ablichten können, vermuten die Schülerinnen.
Die Mädchen probieren es erst auf Zehenspitzen. Dann entscheiden sie sich für die Huckepack-Variante, um zumindest etwas näher an den steinernen Engel heranzukommen.
Alt: Figur der Göttin aus der
Reichsstraße.
Neu: Figur der Göttin aus der
Reichsstraße, fotografiert
von Hans Terpe aus der
achten Klasse.
Die alte Apotheke am Markt. Celina Hildebrandt fotografiert das Haus bei der Foto-Tour.
Die Schülerin sagt dazu: „Die Löwen-Apotheke - ein Gebäude, das sich seit der DDR nicht großartig veränderte und auch seine ursprüngliche Funktion als Apotheke beibehielt.“
Ein Haus
in der Reichsstraße, aus
dem die Menschen früher
glücklich mit den neuesten
Schallplatten gingen.
Hans Bajohra (1924-1988)
Er konnte nicht ahnen, dass Schüler im Jahr 2019 seine Motive nachfotografieren.
Anlässlich seines 30. Todestages eröffnete das Bornaer Stadtmuseum Ende des vergangenen Jahres eine Ausstellung, die noch bis zum 3. März zu sehen ist.
Fotoreporter für
die LVZ in den damaligen Kreisen Borna und Geithain
Exakt 6657 Schwarz-Weiß-Fotos von Bajohra hat das Geschichtshaus. Sie entstanden von 1954 bis zu seinem Todesjahr 1988, als er als Fotoreporter für die LVZ in den damaligen Kreisen Borna und Geithain unterwegs war.
Eine Auswahl davon zeigt diese Ausstellung – auch Bilder, die damals nicht gedruckt werden durften.
Borna - damals und heute
Eine Multimedia-Reportage der LVZ
Text:
Claudia Carell
Produktion:
Maria Sandig