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Jagd

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380.000 Menschen in
Deutschland besitzen
einen Jagdschein.
Nach Zahlen des
Deutschen Jagdverbandes
sind sieben Prozent davon
weiblich. Bogenschützin
Cynthia Breiting gehört dazu.

LVZ-Autorin Maria Sandig war
einen Tag mit der Jägerin unterwegs
und erlebte dabei mehr, als erwartet.




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So sieht ein Holz-Gewehrrohling aus, bevor Cynthia Breiting eine Schusswaffe daraus fertigt.
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Cynthia wohnt in Mörtitz, eine kleine Ortschaft in der Nähe der sächsischen Kreisstadt Eilenburg. Unweit ihres Wohnhauses befindet sich ihr Jagdrevier, das sie sich mit ihrem Lebensgefährten und einem weiteren Jäger teilt.
Die junge Frau ist Hobbyjägerin. Seit 10 Jahren geht sie auf die Jagd.

Zubrot durch Büchsenmacherei

Die 29-Jährige ist gelernte Mechatronikerin und Büchsenmacherin. Seit 2015 betreibt sie eine eigene Werkstatt: Sie fertigt Waffenteile wie Gewehrschäfte für die Jagd und überarbeitet diese. Dazu gehören auch Sportwaffen - in der Jägersprache "Büchsen" genannt.

Deutsche Jägersprache: Hier gehts zur Vokabelliste.

Die Büchsenmacherei ist ein traditionelles Handwerk, das sich um die Holz- und Metallbearbeitung dreht. Büchsenmacher ist ein anerkannter Ausbildungsberuf.
Ihre Firma nennt sich Alberichs-Waffenkammer. Der Name "Alberich" kommt eigentlich aus der Nibelungensage. "Mein Büchsenmachermeister in der Ausbildung hat mich immer mit dem Zwerg aus der Sage verglichen. Der hat wie ich mit Waffen zu tun." Und sei wie sie nicht gerade groß.

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So sieht ein Holz-Gewehrrohling aus, bevor Cynthia Breiting eine Schusswaffe daraus fertigt.
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So sehen die Rohlinge der Gewehre aus.

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Die "Fischhaut" soll für einen besseren Griff sorgen.
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Funktionalität und Ästhetik sollen sich bei der Gestaltung eines Gewehrs ergänzen. Um das Äußere eines Gewehrs zu verbessern, greift die Büchsenmacherin zu einem verbreiteten Mittel: Fischhaut schneiden.

Traditionelles Handwerk

"Eine scharfe Fischhaut verbessert die Griffigkeit des Schaftes", sagt Cynthia. Das Fischhaut schneiden hat seinen Namen von der klassischen Schuppenstruktur von Fischen. Schon seit Jahrhunderten gehört es zu den handwerklichen Fertigkeiten, die  Büchsenmacher erlernen.

Im Video: Die Jägerin zeigt, wie sie die Fischhaut eines Gewehrs aufarbeitet - einfach weiterscrollen.

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Die "Fischhaut" soll für einen besseren Griff sorgen.
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Cynthia zeigt die Arbeit am Gewehr.

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Die Jägerin mit ihrem Wegbegleiter - der Hündin Nele.

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Das ist Nele, Cynthias Hündin. Eigentlich heißt sie "Nele vom Landrücken". Adlig also, ein deutscher Wachtelhund.

Aktuell üben die beiden
apportieren. Im Herbst
soll sie die Meister-
prüfung ablegen.

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Nele und Cynthia üben für die Meisterprüfung

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Was spricht gegen die Jagd mit Pfeil und Bogen?

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In 17 europäischen Ländern ist die Bogenjagd als tierschutzgerechte Jagdart akzeptiert. Deutschland gehört nicht dazu.

"Die rasiermesserscharfen Klingen der Jagdspitze erzeugen einen komplett durchgehenden Schnittkanal und tangieren nur sehr wenige Schmerzrezeptoren" heißt es auf der Homepage des Deutschen Bogenjagd Verbandes. Das beschossene Tier sei erfahrungsgemäß nach wenigen Sekunden tot.

Cynthia kann innerhalb ihres Waldgebietes in Mörtitz lediglich üben. Täglich geht sie mit ihrem modernen Compoundbogen dafür raus. Mit der Ausrüstung im Gepäck fährt sie mit ihrem Partner in die Slowakei oder nach Afrika in den Urlaub, dort ist die Bogenjagd gestattet.

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Cynthia bedauert die Gesetzeslage in Deutschland

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"Die Bogenjagd sollte in Deutschland erlaubt werden, um sie in den Bereichen einzusetzen, wo es mit einer Flinte zu gefährlich wird."

Damit meint sie Waldgebiete in Städten oder in der Nähe von Ortschaften. "Die Gefahr ist mit Pfeil und Bogen geringer, da die Reichweite wesentlich kleiner ist als die eines Gewehres."

Jagd mit Pfeil und Bogen fast geräuschlos

Wenn Cynthia mit einem Gewehr schießt, hat sie einen Spielraum von 10 bis 250 Metern. Schießt sie mit einer Flinte, dürfen es maximal 30 Meter Entfernung zwischen ihr und dem Tier sein.

Für Cynthia liegen die Vorteile auf der Hand: "Menschen und Tiere werden bei der Jagd mit Gewehr durch den Knall beunruhigt", meint sie. "Die Bogenjagd ist fast geräuschlos."



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Gegner der Bogenjagd meinen: "Schlechte Erfolgsquote"

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Gegner der Bogenjagd argumentieren, dass sie sehr hohe Ansprüche an den Schützen stelle und es dabei kaum eine Fehlertoleranz gäbe. Die Erfolgsquote der Bogenjäger sei sehr gering. Die Wahrscheinlichkeit, das Wild lediglich zu verletzen, sei wiederum hoch.

Mit dem Bogen müssen Jäger näher an die Tiere ran

"In der Tat muss der Jäger auch mit dem Compoundbogen nah an das Wild heran", sagt Cynthia. Die oft zitierte „schlechte Erfolgsquote“ beziehe sich – so die Befürworter – aber nicht auf das Danebenschießen, sondern darauf, dass der Bogenschütze eben weitaus seltener zum Schuss kommt, weil er vom Wild leichter bemerkt wird. Gerade dieser Aspekt ist für Cynthia reizvoll.

"Waghalsige Jäger gibt es in beiden Disziplinen"

Die Studienlage bezüglich der Verwundung von Tieren ist dürftig. Die dänische Verwundungsstudie zeigt, dass bei der Nutzung eines Bogens nicht mehr Tiere Wunden erleiden, als bei der Verwendung von herkömmlichen Schusswaffen.

"Fakt ist leider, dass es Jäger gibt, die ihr Gerät nicht beherrschen oder sich zu unsicheren Schüssen hinreißen lassen", sagt Cynthia. "Die gibt es aber sowohl bei den Bogenjägern, als auch bei jenen mit Gewehr."

"Ich schieße nie wahllos drauf los"

Cynthia sagt von sich, dass sie nur schießt, wenn sie mit hundertprozentiger Sicherheit sagen kann, dass der Schuss ein Treffer wird. "Ich schieße nie wahllos drauf los. An die Regeln halte ich mich immer." Eine Regel von vielen betrifft etwa Muttertiere. Die sogenannten Bachen dürfen Jäger nicht schießen, weil sie Frischlinge versorgen müssen. 



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Cynthia übt täglich mit Pfeil und Bogen.

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Weil die Jagd mit Pfeil und Bogen
hierzulande nicht erlaubt ist,
geht es heute mit dem Gewehr
auf die Pirsch.

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Die Jägerin hält Ausschau nach Wildtieren, bevor es zum Hochsitz geht.

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In der Jagdkanzel angekommen, setzt sich Cynthia ruhig hin und bereitet alles vor.

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Lauschen der Waldgeräusche

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Es ist stockdunkel, die Dämmerung ist längst vorüber. Nur das Blitzlicht meines Kollegen erhellt den Hochsitz und das angrenzende Waldstück.

Leise ist es nicht. Das Auslösen der Kamera, unsere Stimmen. Der Fotograf verlässt die Jagdkanzel, wir lauschen den Waldgeräuschen.

Wenige Vögel sind zu hören, Blätter rauschen im Wind. Wir lehnen uns zurück. Umhüllt von einem überdimensional großen Ansitz-Sack, eine Art Schlafsack für lauernde Jäger, kommen die ersten Zeichen von Aufregung in mir hoch.

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"Da ist ein Wildschwein. Das gibt's doch nicht."

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Wir schauen abwechselnd durchs Fernglas. Ich sehe kaum etwas, meine Augen haben sich noch nicht an die Dunkelheit gewöhnt.

Cynthia flüstert leise: „Gib mir mal kurz das Fernrohr.“ Sie beobachtet, ich starre weiter in die Dunkelheit. "Da ist ein Wildschwein. Das gibt’s doch nicht.“ Sie ist fassungslos über diesen Zufall. „Wir haben im Prinzip alles missachtet, was bei der Jagd stimmen sollte“, sagt sie später.

Die Jägerin greift zum Gewehr

„Es ist ein Überläufer-Keiler“, sagt sie – was so viel heißt wie „junges Wildschein“, das Tier ist etwa zwei Jahre alt, es darf geschossen werden. Sie gibt mir das Fernglas, ich sichte das Tier, sie hat schon längst zum Gewehr gegriffen.

Das Schwein steht genau in ihrer Schusslinie, läuft in Richtung Gebüsch. „Das ist es wieder“, meint sie. Stille. „Jetzt nicht erschrecken“, flüstert Cynthia mehrmals.




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Der Schuss.

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Letzte Laute

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Stille. Mindestens eine Minute.
Ein Knall in meinen Ohren.
Nachladen.
Das sterbende Tier gibt letzte Laute von sich.
Ruhe.
Die Vögel zwitschern erschrocken über den lauten Knall.

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Achtung!

Was nun folgt, ist nichts
für zarte Gemüter.

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Cynthia auf der Suche nach ihrer Beute.

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Der Schuss sitzt.

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Für Cynthia ist es der perfekte Schuss. Was folgt, schaue ich mir an. Die Dokumentation ist hier zu Ende.

An Ort und Stelle bricht Cynthia das erlegte Wildschwein auf, so heißt es in der Jägersprache. Übersetzt: Sie weidet das Tier aus. Ihr Lebensgefährte holt das Tier gleich ab. Es wiegt 44 Kilogramm. Zu schwer für die 1,62-Meter-Frau.

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"Es ist das Erlebnis, das Abenteuer."

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Cynthia sagt, sie geht auf die Jagd, weil sie in der Natur entspannen kann.
Es sei das Erlebnis, das Abenteuer. Einfach vom Alltag abzuschalten. An den Aktivitäten rund um die Jagd empfindet sie Freude: Hochsitze bauen, die Arbeit mit ihrem Hund, wilde Tiere im Wald beobachten, der Austausch mit anderen Jägern.

Natur hegen und pflegen

"Natürlich koche und esse ich auch gerne das Fleisch", sagt die Mörtitzerin. Cynthia findet die Jagd notwendig, um Wildbestände und Natur gesund zu halten." Zu hegen und zu pflegen - wie der Jäger sagt.

"Es gibt Tierkrankheiten wie den Fuchsbandwurm oder in anderen europäischen Ländern die Schweinepest." Um Krankheiten wie diese so gering wie möglich zu halten, gehöre das Schießen von Wild dazu.

Jäger kommen für Schaden durch Wildtiere auf

"Wenn die Wildbestände zu hoch werden, funktioniert das Zusammenleben von Mensch und Tier nicht mehr." Für Schaden durch wilde Tiere, der auf bewirtschafteten Feldern entsteht, müssen die Jäger in ihren Waldgebieten finanziell selbst aufkommen. "Deshalb wollen wir diesen so gering halten, wie möglich."

Es sollte immer alles im Rahmen bleiben, findet die 29-Jährige. "Jäger müssen trotzdem immer überdenken, was sie erlegen und sollten nicht alles schießen, was ihnen vor die Flinte kommt."

Ihre Rolle als Frau in der Männerdomäne

Ihr Geschlecht habe trotz des niedrigen Frauenanteils bei der Jagd nie eine Rolle gespielt. „Ich habe keine schlechten Erfahrungen gemacht, weil ich eine Frau bin“, meint Cynthia. Trotzdem fehlt ihr ab und an der Austausch mit anderen Jägerinnen. In ihrem Bekanntenkreis gibt es lediglich zwei weitere Frauen, die diesem Hobby nachgehen.



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So habe ich die Jagd erlebt

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Autorin Maria Sandig.
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Das Erlebnis hat mich aufgewühlt, zum Nachdenken gebracht.

Den Tod eines Lebewesens habe ich an diesem Abend das erste Mal wahrgenommen. Gehört wie es stirbt. Gesehen, wie es leblos auf dem Waldboden liegt. Verfolgt, wie die Jägerin das Tier ausnimmt. Wahrgenommen, welchen Geruch ein Wildschwein überhaupt hat.

Ich habe erfahren, welche Rolle die Jagd spielt und welchen Aufgaben ein Jäger nachgeht.

Es hat mich alles andere als kalt gelassen. Trotzdem ist diese Erfahrung, der ich mich nicht ohne Grund gestellt habe, wertvoll für mich. Seit mehreren Wochen ernähre ich mich ausschließlich mit pflanzlichen Lebensmitteln, eine Serie dazu gibt es hier.

Mich persönlich hat die Erfahrung dazu bekräftigt, weiterhin auf tierische Lebensmittel zu verzichten. Trotzdem ist die Jagd nach wilden Tieren in meinen Augen natürlicher und moralisch vertretbarer als der Kauf einer 3-Euro-Hühnchenpackung aus dem Supermarkt.

Das Tier lebt in seiner natürlichen Umgebung, der Jäger hat großen Aufwand, um das Fleisch zu erbeuten, von dem er sich ernährt.

Trotzdem glaube ich, dass eine Reduzierung des Fleischbedarfs oder sogar der Verzicht auf tierische Produkte nicht schadet. Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass wir uns bewusst machen, womit wir uns ernähren und woher diese Nahrung kommt.

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Autorin Maria Sandig.
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Eure Meinung zum Thema

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Wie steht ihr zu der Jagd nach wilden Tieren?

Wir sind gespannt über eure Reaktionen und Meinungen zum Thema. Schickt uns diese gern an nordsachsen@lvz.de oder lasst sie uns über Facebook oder Instagramzukommen.

Über einen konstruktiven Austausch zu diesem Thema sind wir dankbar. Beleidigende, gewaltverherrlichende und oder verachtende Äußerungen werden auf unseren Social-Media-Kanälen ohne weiteren Hinweis entfernt.
Im Falle von Verstößen gegen die Regeln behalten wir uns die Sperrung von Nutzern vor.

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"Auf der Lauer"
Eine Multimediareportage der Leipziger Volkszeitung

Konzept, Text, Produktion:
Maria Sandig

Fotos und Videos:
Wolfgang Sens
Maria Sandig







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Übersicht

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Kapitel 1 Die Jägerin und ihr Handwerk

Titelbild

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Kapitel 2 Die Jägerin und ihr Wegbegleiter

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Kapitel 3 Die Jägerin und ihre Waffen

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Kapitel 4 Die Jägerin und ihre Beute

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