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seeburgviertel

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Auf Streifzug durch den Kiez: In der Serie „Mein Viertel“ führen Leipziger durch ihren Stadtteil, zeigen Lieblingsplätze und Schandflecken. In Teil 2 zeigen Marianne Gottschling, Birgit Heßler, Jürgen Ernst und Jorrit Köhntopp ihr Seeburgviertel.

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Als Seeburgviertel (kein offizieller Name) wird das Gebiet südöstlich des Zentrums und südlich der Prager Straße bezeichnet. Moritz Seeburg war ein Leipziger Stadtrat und einer der Gründungsinitiatoren der nahen Gartenanlage Johannistal. Begrenzt wird das Quartier in etwa vom Roßplatz sowie von der Goldschmidt-, Stephan- und Brüderstraße.

Der Witwen-Mord im Jahr 1821 durch Johann Christian Woyzeck in der Seeburgstraße (früher Sandgasse) und der Folgeprozess waren Vorbild für den Roman von Georg Büchner.

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Seeburgviertel2018dk0017
Tief verwurzelt: Marianne Gottschling wohnt schon seit Jahrzehnten im Seeburgviertel.
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Ganz schön viel Verkehr im Seeburgviertel. Zum Feierabend stauen sich auf der Nürnberger Straße die Blechkarossen. „Es ist lauter geworden“, sagt Marianne Gottschling (85), die seit 1958 hier wohnt und eigentlich gar nicht in das Quartier mit dem anrüchigen Ruf ziehen wollte. Es war als Seepiepe verschrien. So schlimm? „Nein, es war eigentlich eine ruhige Gegend.“ Und das Rotlicht wohl schon erloschen.

Als es im 19. Jahrhundert in Leipzigs Zentrum zu eng wurde, wuchs die Stadt zuerst gen Osten. Das Seeburgviertel von anno dazumal war geprägt von schicken (Vor-)Stadthäusern, verwinkelten Hinterhöfen und einigen Gärten aus der Gründer- und Biedermeierzeit. Die Weltkriegsschäden und Flächenabrisse der 1980er-Jahre zerstörten allerdings einen Großteil der historischen Bebauung.

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Tief verwurzelt: Marianne Gottschling wohnt schon seit Jahrzehnten im Seeburgviertel.
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Auf dem Brachland an der Seeburgstraße wurden von 1987 bis 1990 ausgefallene Plattenbauten mit Erkern und Fliesen-Ornamenten errichtet.

Auch Gottschling bezog eines der Fertigteilhäuser vom Bautyp WBS 70, von denen einige seit 2015 saniert werden.

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Der immer noch unsanierte Plattenbau an der Nürnberger-/ Ecke Seeburgstraße kurz nach der Wende und heute.

Foto alt: Pro Leipzig, Foto heute: Benjamin Winkler

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Schritt für Schritt bekommen die sterilen Fünfgeschosser nahe der Sternwartenstraße nun ein modernes Aussehen, unter anderem frische Farben, größere Küchen und Schlafzimmer sowie Aufzüge verpasst, skizziert Martin Rüger, Sprecher der Wohnungsgesellschaft Unitas.

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„Von meinem Balkon blicke ich auf das einzig noch erhaltene Gartenhaus“, schwärmt Gottschling und erinnert sich: „Früher hatten wir hier viele kleine Geschäfte, zwei Drogerien, mehrere Bäcker, einen Uhrmacher und eine Wäscherei.“

Ihr Lieblingsort im Viertel? Natürlich das Ring-Café! „Ich komme alle vier Wochen zum Konzert, hier habe ich auch groß meinen Geburtstag gefeiert.“

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Seeburgviertel2018dk0008
Besonderes Ambiente: Birgit Heßler hauchte dem Ring-Café vor zwölf Jahren neues Leben ein.
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Seit 2006 betreibt Birgit Heßler (61) das einst größte DDR-Tanzlokal (damals 800 Plätze) in der Mitte der denkmalgeschützten Ringbebauung am Roßplatz. „Als das Café 1992 schloss, sind vor allem viele ältere Gäste in eine Art Loch gefallen, weil für sie nichts mehr veranstaltet wurde. Sie sind froh, dass es wieder lebt“, sagt Heßler, die vor der Wende hier kurz Restaurantleiterin war. Heute kümmert sie sich mit ihrem Team um Service und Programm im 950 Quadratmeter großen Traditions-Tempel und bietet nebenbei noch Tages-Busreisen für Senioren an.

Zur einstigen Nobeladresse  gehörte früher sogar eine hauseigene Konditorei, es gab Rosenthaler Kadarka und ungarische Salami. Noch immer versprüht der elegante Ballsaal und die stilvolle Bar bei Hochzeiten, Jugendweihen, Empfängen und Firmenfeiern das Pathos der 1950er-Jahre. Und bei den regelmäßig stattfindenden Tanzveranstaltungen mit Live-Musik lässt sich von der Balustrade der legendären Vergnügungsstätte der imposante Blick auf den Uniriesen genießen.

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Besonderes Ambiente: Birgit Heßler hauchte dem Ring-Café vor zwölf Jahren neues Leben ein.
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Betreiberin Birgit Heßler über die Historie des Ringcafés.

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Das repräsentative, fast 300 Meter lange Architekturensemble mit Wohnungen, Gastronomie, Geschäften und Brunnen am Leipziger Innenstadtring wurde in den Jahren 1953 bis 1956 im stalinistischen Zuckerbäckerstil errichtet.

Heutiger Eigentümer ist die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft. Prominente Gäste aus aller Welt kehrten bereits im luxuriösen Ring-Café ein, etwa Che Guevara bei seiner Messe-Stippvisite 1960.

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Birgit Heßler, Betreiberin des Ring-Cafés, erzählt von den Besonderheiten der Traditionsgaststätte.

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Seeburgviertel2018dk0040
Klassischer Musik-Kenner: Jürgen Ernst leitet die Mendelssohn-Stiftung.
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Unweit von hier bezog im Jahr 1845 Gewandhauskapellmeister Felix Mendelssohn Bartholdy als Erstmieter mit seiner Familie die Privatwohnung in der Goldschmidtstraße 12 (früher: Königstraße). Seit 1997 ist das einst zerfallene, spätklassizistische Haus samt Garten eine runderneuerte Gedenkstätte mit vielen Originalmöbeln und teils interaktivem Museum, das sich auf drei Etagen dem europäischen Ex-Superstar widmet. „Es soll ein lebendiges Museum sein, die Atmosphäre seines Lebens, seines Werks und seiner Musik vermitteln“, sagt Jürgen Ernst (63), der Direktor des Mendelssohn-Hauses.

Ein gut besuchtes Anwesen: Einst ging hier das Leipziger Bürgertum ein und aus, schritt über den knarzenden Dielenboden der Neun-Zimmer-Wohnung. Heutzutage öffnet der historische Musiksalon allwöchentlich zur Sonntagsmatinee mit einem (Kammermusik)-Konzert.

Sehenswert sind auch die Zusatz-Ausstellungen über Mendelssohns ältere Schwester Fanny Hensel und die Schau über Maestro Kurt Masur. Besonderes Highlight: das Effektorium, in dem Besucher ein digitales Orchester mit dem Taktstock dirigieren können.

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Klassischer Musik-Kenner: Jürgen Ernst leitet die Mendelssohn-Stiftung.
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Jürgen Ernst, Direktor des Mendelssohn-Hauses, spricht über die Geschichte des Gebäudes und dessen Ausstellung.

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Seeburgviertel2018dk0106
Ehrenamtlich aktiv: Jorrit Köhntopp (li.) und Alexander Oppermann gehören zum freiwilligen Helfer-Team des Stuk.
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Im alten Heizungsraum unterm Wohnheim in der „Nürnberger“ dagegen wummern die Bässe, während preisgünstiges Bier gezapft wird. Hinein ins Nachtleben: Immer dienstags steigt die Kellerparty (mit alternativer Musik und querbeet) im legendären Leipziger Studentenkeller, der eigentlich nur Stuk genannt wird und 1997 eröffnet wurde. Freitags ist Spieleabend, jeden ersten und dritten Sonntag Lesebühne, zweimal im Monat das Donnerstags-Seitenquiz.

Organisation, Garderobe, Einlass, Ausschank und alle Aufgaben, die so anfallen, werden von etwa 80 Ehrenamtlichen des Vereins gestemmt. „Da brauchst du Leute, auf die du dich verlassen kannst, die sich so weit einbringen, dass sie das hier als Gemeinschaft sehen“, sagt Vereinsmitglied Jorrit Köhntopp (24).

„Es war der erste Studentenclub in Leipzig, der nicht mehr auf eine Fachrichtung festgelegt war“, erzählt Alexander Oppermann (50) über die Anfänge. „Ob Jura-, Medizin- oder Philosophiestudent“ – die Klientel sei bunt gemischt. Und das Stuk über die Grenzen des geschichtsträchtigen Seeburgviertels hinaus bekannt.

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Ehrenamtlich aktiv: Jorrit Köhntopp (li.) und Alexander Oppermann gehören zum freiwilligen Helfer-Team des Stuk.
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Texte, Videointerviews und Produktion: Benjamin Winkler
Fotos und Videodreh: Dirk Knofe, Pro Leipzig, dpa, Google Earth
Startanimation und Logo: Patrick Moye
Schnitt: Leipzig Fernsehen
Konzept: Gina Apitz

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