Leipzigs rote Rakete Mit dem Velomobil durch die Stadt
Montagnachmittag auf Leipzigs Karl-Liebknecht-Straße: Wie ein roter Blitz schießt ein kleines Gefährt an den Kolonnen der Radfahrer vorbei, gefolgt von erstaunten Blicken: Velomobil heißen solche ausgefallenen Räder, die auch gut in einen Science-Fiction-Film passen würden.
Etwa eine Hand voll von ihnen rollt derzeit durch Leipzig. Marko Dreblow, 38 Jahre alt, ist Teil dieser Szene von Radfahrern, denen normale Bikes zu langweilig sind.
von Gina Apitz
Strampeln in der Kapsel
Strampeln in der Kapsel
Er fährt in einer raketenähnlichen Kapsel durch die Stadt und strampelt - wie die anderen Radfahrer auch. Elektrisch angetrieben ist hier nichts, alles funktioniert rein mechanisch.
Dreblow stoppt sein Velo, hebt die Haube ab und lächelt: „Ist doch ein Hingucker, oder?“ Er liebt die Aufmerksamkeit für das Liegefahrrad, wozu das Mobil offiziell gezählt wird. Der große Vorteil: „Ich bin viieeeel schneller.“ Im Schnitt düst der Leipziger mit 25 Kilometern pro Stunde durch die Stadt, ohne zu Schwitzen, wie er betont. Mit seinen 27 Gängen schafft er auf Landstraßen 50, bergab sogar 60 Km/h. Aus Spaß liefert er sich manchmal einen Wettkampf mit Rennradfahrern – den er stets gewinnt.
Das liegt daran, dass das dreirädrige Gefährt mit seinen 35 Kilo relativ leicht und besonders windschnittig geformt ist. Velomobil fahren, das sei „ein komplett anderes Fahrgefühl“, schwärmt Dreblow. „Das hast du beim normalen Fahrrad nicht.“
Fahrspaß, der einiges kostet: 4000 Euro bezahlte er für sein gebrauchtes Modell, Baujahr 2013, gefertigt in den Niederlanden. Neu kostet es knapp 6000 Euro. Verkehrssicher ist das Gefährt, Licht, Blinker und Hupe waren dabei. Trotzdem bastelt Dreblow viel an seinem Mobil herum. Eine zusätzliche Dachleuchte hat er eingebaut – damit er besser gesehen wird.
Nicht ungefährlich auf der Straße
Nicht ungefährlich auf der Straße
Ganz ungefährlich ist es nicht, in der roten Rakete durch die Stadt zu jagen. Immer wieder erlebt Dreblow kritische Situationen. „Viele Leute nehmen mich im Stadtverkehr nicht wahr“, hat er festgestellt. „Es kommt öfter vor, dass ich eine Vollbremsung machen muss.“ Vergangenes Jahr hatte er einen Unfall mit seinem alten Velomobil. „Beim Rechtsabbiegen hat mich ein Autofahrer übersehen“, schildert er den Vorfall. Die Glasfaserhülle schützte ihn zwar - er blieb unverletzt - doch das Rad war im Eimer. Die Reparatur wäre teurer gewesen als eine Neuanschaffung.
In der Nähe von Magdeburg verunglückte vergangenes Jahr ein Velomobilfahrer tödlich, weil ihn ein Auto beim Überholen übersehen hatte. Seitdem fährt Dreblow vor allem auf Landstraßen noch vorsichtiger. 1200 Kilometer hat er mit seinem Gefährt seit Februar schon zurückgelegt.
Er rollt damit zur Arbeit ins Leipziger BMW-Werk, am Wochenende um die Seen im Süden der Stadt – und zum Einkaufen in den Supermarkt. Hinter dem Sitz lässt sich einiges verstauen. Im Schnitt 7000 Kilometer kommen so pro Jahr zusammen. Durch die Rennhaube kann Dreblow auch im Winter fahren. Einen Führerschein hat er nicht. Für die Großstadt sei das Velomobil ideal, sagt er. Einen Parkplatz sucht er jedenfalls nie.
Ein neues Velo?
Während andere von einem Luxusauto träumen, will sich der Velo-Fan irgendwann ein noch besseres Modell zulegen; 8000 Euro müsste er dafür wohl ausgeben. Vorher aber wird das aktuelle Velo noch ein bisschen gepimpt: Die Hülle soll bald eine rot-metallisch glänzende Folie mit weißen Streifen bekommen. Dann düst der Radler mit seiner kleinen Rakete bald noch auffälliger durch Leipzig.