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Tag der virtuellen Liebe

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Der 24. Juli gilt als jährlicher Tag der virtuellen Liebe, auch als Virtual Love Day bekannt. Initiiert wurde er von Online-Partnerbörsen. An diesem Tag sollen sich Paare offensiv dazu bekennen, übers Internet zueinander gefunden zu haben. Aber wie war das im analogen Zeitalter? Wie haben sich junge Leute damals ohne Internet kennen und lieben gelernt. Zwei Beispiele aus Colditz und Kitzscher.

von Haig Latchinian und Gina Apitz

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Bei Irma und Edgar Jahn in Schönbach geht die Liebesformel noch auf: 1+1=1. Die 1 macht den Unterschied: So feiert die Ehefrau am 14. August Geburtstag, ihr Göttergatte 1 Tag früher, am 13. August. Außerdem wohnte Edgar in seiner Jugend in der Unteren Dorfstraße 26, Irma dagegen schon immer in der Oberen Dorfstraße 25. Zufall oder nicht. Das Paar nimmt es mit 1 Lächeln. In wenigen Wochen feiert es Diamantene Hochzeit.

1959 gaben sich Irma (79) und Edgar (82) das Ja-Wort. Zur Feier des Tages entstand direkt vor der Haustür das klassische Hochzeitsfoto. Natürlich noch in Schwarz-Weiß. Sie mit Schleier und Strauß, er mit Anzug und Schalk in den Augen. Nicht fehlen durften die Cousins und Cousinen. Die Kinder hatten den Weg des Paares bis vor den Altar mit Blumen gestreut. Sie liefen damals hinter Pfarrer Luft, aber noch vor den Eheleuten und den Brautjungfern.

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Edgar und Irma Jahn bei ihrer Goldenen Hochzeit.
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Den kannst du nehmen, der kann wenigstens Gras hauen, soll Mutter Linda gesagt haben, als Irma ihr den Angehimmelten vorstellte. „Die Männer des Hauses lebten nicht mehr. Mein Vater blieb im Krieg, mein Opa verunglückte tödlich. So waren meine Mutter Linda und Großmutter Frieda ganz alleine mit mir und meinem Bruder. Und wir hatten ja auch noch eine Kuh“, skizziert Irma Jahn die nicht nur romantische Ausgangslage.

An ihre erste Begegnung können sich beide gar nicht mehr erinnern. Wie sollten sie auch! „Meine Mutter und Irmas Mutter waren Schulfreundinnen“, holt Edgar aus. „Als Irma frisch geboren war, statteten ihr meine Mutter und ich einen Besuch ab. Natürlich habe ich keinerlei Bilder vor meinem geistigen Auge – ich war ja noch zu klein.“ Die Kontakte zwischen beiden Familien blieben auch in der Folge eng. Edgar war mit Irmas Bruder Herbert befreundet.

Ernst wurde es 1956 im Roten Hirsch. Wirt Arthur Constantin lud einmal mehr zu Bockwurst, Limo und Tausend Takten Tanzmusik ein. Edgar fasste sich ein Herz und forderte Irma auf. Zwar tanzten sie zusammen, zusammen sitzen oder gar zusammen gehen – das war noch kein Thema: „Edgar fragte artig, ob er mich bis zur Brücke begleiten darf. Er durfte.“ Ja, so sei das damals gewesen. „Das ging nicht so holterdiepolter wie heute“, sagt Irma.
Sie wisse, dass sich junge Leute aktuell meist übers Internet kennen lernen. Nein, von gestern sei sie nicht und sie habe auch ein Tablet, sagt Irma Jahn stolz: „Trotzdem finde ich es besser, seinen Partner im wahren Leben zu suchen – so wie wir es früher getan haben.“ Mag sein, dass es heute nur einiger weniger Klicks bedarf, um fündig zu werden: „Aber so schnell, wie sich die Jugend findet, so schnell ist sie auch wieder auseinander.“

60 Jahre sind Edgar und Irma nun schon liiert. Und sie möchten keinen Tag missen. Die sechsfachen Groß- und zweifachen Ur-Großeltern begeistern sich für Volksmusik. Wann immer auch die Lauterbacher Dorfmusikanten aufspielen, müssen sie dabei sein. Sogar den aus dem Fernsehen bekannten Singenden Wirt Thomas Berger in Ainring bei Salzburg hätten sie schon mehrfach besucht.

Dabei vergessen sie nie, woher sie gekommen sind: „1960 waren wir das erste Mal in Urlaub gefahren. Mit dem Trabant an die Ostsee. Es war auch das erste Mal, dass wir das Meer gesehen hatten.“ Erst 16 Jahre später folgte die zweite Ferienreise. Mit allen drei Kindern nach Vogelsgrün im Vogtland. Überhaupt hatte das Paar bescheiden angefangen: „Als ganz junger Kerl verdiente ich fünf Mark die Woche. Irma war es, die den Eintritt für den Tanz bezahlte.“
1957 wurde Verlobung gefeiert. Zwei Jahre später war die Heirat. 1961 kam das erste Kind, ’64 das zweite, ’69 das dritte. Irma arbeitete zunächst als Dreherin im Colditzer Porzellanwerk, später als Milchleistungsprüferin in der LPG. Edgar, gelernter Schmied, war Baggerfahrer bei der Bauunion und qualifizierte sich 1964 zum Staatlich geprüften Hufschmied: „Alle Ochsen, die in den Westen gingen, mussten noch zu mir in die ,Fußpflege’.“

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Edgar und Irma Jahn bei ihrer Goldenen Hochzeit.
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„Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single über ...“ Wer kennt ihn nicht, jenen Werbeslogan einer Online-Partnerbörse. 11 Minuten, ein Schnitt, über den gelernte DDR-Bürger nur müde lächeln können. Bei der Disco im Stadtpark Borna, damals im September 1967, wurden die Herzen sogar im Sekundentakt erobert. Martina Krumrey: „Wir Abiturientinnen saßen am Tisch neben den Fußballern. So lernte ich Hans-Jürgen kennen. Auch meine Freundinnen Christine und Karin verguckten sich an dem Abend in ihre Jungs.“

Alle drei Beziehungen halten noch heute. Ein Schnitt, von dem jede Agentur im Internet nur träumen kann. Martina und Hans-Jürgen Krumrey sind froh, sich noch in der analogen Welt über den Weg gelaufen zu sein: „Wir finden das einfach romantischer – mit Heimlichkeiten.“ Man tippte eben noch keine Knöpfe und Tasten, sondern schrieb sich Briefe und Karten. „Beim Tschüss-Sagen verabredeten wir uns schon immer fürs nächste Mal.“

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Ehepaar krumrey 0136 foto privat
Hans-Jürgen Krumrey holte den damals noch nicht so bekannten Schagerstar Helene Fischer auf die Bühnen der Region.
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Ewige Liebe – seit 50 Jahren: Das Ehepaar Krumrey aus Kitzscher blickt auf eine ganze Festwoche zurück. Anfang Juli wurde Martinas 70. Geburtstag gefeiert, nur einen Tag später Goldene Hochzeit. „Ich war damals gerade 20 geworden. Am nächsten Tag gaben wir uns das Ja-Wort. Hans-Jürgen war gerade mal 18. Gefeiert wurde bei den Eltern in der August-Bebel-Straße“, erinnert sich Martina, die zunächst studierte und Heimerzieherin werden wollte.

Man habe nicht zuletzt auch geheiratet, um eine Wohnung zu bekommen. Doch die „Rechnung“ ging zunächst nicht auf. Weil der übliche Antrag im Sande verlief, schrieb Martina an die Regierung. Der Vater arbeitete als Baggerfahrer im Tagebau, Mutter half bei der Gemüseernte. Martina selbst war in anderen Umständen. Das zeigte Wirkung. Wenig später bekamen Martina und Hans-Jürgen eine Wohnung im Neubaublock zugewiesen. Und Klein-Kathrin konnte kommen ...

Von 1978 bis 1984 wohnte die Familie in der Ernst-Schneller-Oberschule. Die Eheleute arbeiteten dort als Hausmeister und Heizer. Danach waren sie im Stahlbau Mölbis beschäftigt. Nach der Wende stieg Hans-Jürgen als Discjockey ein. Krumys Disco ist bis heute ein Begriff. Selbst am Mischpult sind Martina und Hans-Jürgen unzertrennlich. Er moderiert, sie sucht die Musik aus. Sie legen auch für Jugendliche auf: „Anfangs klappt denen immer die Kinnlade runter. Bis wir Alten sie überzeugt haben.“

Von Roger Whittaker und den Flippers bis Ed Sheeran und Mark Forster – für jeden Geschmack und jedes Alter ist etwas dabei. „Musik hält jung“, sagen die Krumreys. Kassette und CD sind out. Die Musik wird ausschließlich über Computer abgefahren. Bei einem Dorffest kamen junge Leute, Mitte 20, und wünschten sich doch allen Ernstes das Rennsteiglied. Krumys Disco lieferte prompt. 2007 sang die damals noch weitgehend unbekannte Helene Fischer in Thierbach – über die Anlage der Krumreys.

Borna war schon immer ein Geheimtipp für Fans gepflegter Mugge: Bands wie die Sterne oder Olympics traten dort auf. Unter den Tanzwütigen auch die damals noch ganz jungen Krumreys. Wenn sie den Lumpensammler (Bus kurz nach Mitternacht) verpassten, ging es zu Fuß nach Kitzscher heim. Um seine Martina zu besuchen, fuhr Aktivist-Fußballer Hans-Jürgen mit dem Rad von Borna bis zum Studienort Hohenprießnitz. 60 Kilometer eine Tour! Zu der Zeit wusste er noch nicht, dass Schwiegersohn Sven in seine sportlichen Fußstapfen treten sollte.

Viele Jahre spielten die Eheleute beim Single-Tanz. Manches Paar, das dort zueinander fand, ist den Krumreys noch heute dankbar. Marmor, Stein und Eisen bricht – aber ihre Liebe nicht. Zwei Jahre im voraus hatten Martina und Hans-Jürgen ihre Goldene Hochzeit im Schloßhotel Lichtenwalde bei Chemnitz gebucht. In Worten: Zwei Jahre! Was für ein Liebesbeweis. Sie sehen sich also nicht, wie heute üblich, als Lebensabschnittsgefährten. Oder? – „Na, ich bitt’ Sie junger Mann“, reagieren die Jubilare fast ein wenig pikiert.

Ehepaar krumrey 0136 foto privat
Hans-Jürgen Krumrey holte den damals noch nicht so bekannten Schagerstar Helene Fischer auf die Bühnen der Region.
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Etwa neun Millionen Menschen suchen heutzutage einen neuen Partner im Internet. 37 Prozent der Deutschen haben sich schon einmal bei einem Dating-Portal angemeldet. So zumindest das Ergebnis einer Studie von myMarktforschung von 2017. 1039 Deutsche wurden nach dem Hauptgrund ihrer Anmeldung gefragt. 55 Prozent gaben hier die Partnersuche als wichtigste Motivation an.

Allerdings: Nur 31 Prozent der aktiven oder ehemaligen User von Singlebörsen im Internet haben tatsächlich jemanden für eine Beziehung gefunden. 38 Prozent der Mitglieder hatten noch nie ein Date über ihr Portal, weitere 30 Prozent nur eines oder zwei. Und: 29 Prozent der ehemaligen User haben ihren Account irgendwann gelöscht, weil sie im realen Leben einen Partner gefunden haben. 24 Prozent meldeten sich in dem Dating-Portal wieder ab, weil sie dort jemanden kennengelernt haben.
  
Vorteile des Online-Dating: Bei der Anmeldung entscheidet jeder selbst, wie viele Informationen er über sich preisgibt. Persönliche Daten wie Adresse oder Telefonnummer bleiben erstmal geheim. Es gibt keine ungewollten Anrufe oder Belästigungen. Der User ist zeitlich flexibel, er oder sie kann das Portal zu jeder Tages- und Nachtzeit nutzen. Man lernt schnell und einfach neue Menschen kennen und kann sich unkompliziert verabreden. Es gibt spezielle Singlebörsen für Menschen mit besonderen Vorlieben, etwa für Veganer.

Nachteile: Wer die Wahl hat, hat die Qual – die große Zahl an potenziellen Kandidaten kann die Auswahl für ein Date erschweren. Zu viele Infos – wer schon vorher alles über die Interessen des Dating-Partners aus dessen Profil erfahren hat, hat bei einem echten Treffen möglicherweise wenig Gesprächsstoff. Die meisten Portale treffen anhand von Vorlieben eine Vorauswahl, welcher Partner zu einem passen könnte – damit gehen einem bestimmte Kandidaten einfach durch die Lappen. Online-Portale bergen das Risiko, auf Betrüger hereinzufallen. Diese melden sich mit falschem Namen und Foto an und führen den anderen hinters Licht.  

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