Hals und Beinbruch
Zwei Tage vor der Premiere:
Wenn
bei der Probe ein wichtiges Lichtpult kaputt geht und eine Tänzerin einen
Wadenkrampf bekommt, können die Nerven schon einmal blank liegen. Nichtsdestotrotz mündeten die monatelangen Vorbereitungen für die dreiteilige Ballett-Produktion „If You Were God“ in eine gelungene Premiere. Denn die Choreografien des Franzosen Martin Harriague sind
persönlich und facettenreich. Sie animieren zum Nachdenken und
Hinterfragen von eingefahrener Sichtweisen. Auf der Bühne stehen 24 Tänzer des Leipziger Balletts.
Nach der Premiere im März finden weitere Aufführungen
am 7. und 28. April sowie am 4. Mai, jeweils 19.30 Uhr, im Schauspiel Leipzig statt.
Martin Harriague Choreograf des dreiteiligen Stückes "If You Were God"
Der 31-jährige Franzose entdeckte seine Leidenschaft fürs Ballett mit
19 Jahren. In diesem Alter entschied er, sich im klassischen und zeitgenössischen
Tanz ausbilden zu lassen. Seine Laufbahn als professioneller Tänzer begann zwei
Jahre später mit der Aufnahme ins Junior-Ensemble des Malandain Ballett
und später ins Ballett National de Marseille. Geprägt wurde der Tänzer vor allem durch seine Zeit in einem israelischen Kibbuz. Bald begann er selbst zu choreografieren. Seine
Arbeiten kreisen um Liebe, Toleranz und Hoffnung - auch sein neues
Stück „If you were god“ macht das deutlich.
Übersetzung :
Ich denke es (die Ballettausbildung) war eine Notwendigkeit. Bereits als ich noch
sehr klein war, habe ich mit Lego und Playmobil eine Bühne gebaut und die
Figuren daraufgestellt. Nicht unbedingt, um sie tanzen zu lassen, darüber wusste
ich gar nichts. Ich machte einfach Musik an und stellte mir vor, es wäre ein
Konzert. Die Idee, vor einem Publikum zu performen, oder eine Bühne zu
arrangieren, hat es mir einfach angetan.
Ich hätte alles erschaffen können, doch ich wollte dich
„Wenn du Gott wärst, was hättest du als erstes erschaffen?“, richtet der Tänzer das Wort ans Publikum. Denn mit dieser Frage setzt sich das Paar im Titelstück auseinander. Im Wechsel zwischen Harmonie und Konflikt bewegen sich die Tänzer zum poetischen Text des US-Dichters Derrik C. Brown, der sich „weniger mit Religion befasst, sondern mehr mit der Schöpfung selbst“, wie auch der Choregraph Harriague zu verstehen gibt.
Es war einmal ...
... eine Prinzessin getanzt von einem Mann, der Prinz, die Lippen rot geschminkt. Bei Harriagues zweitem Teil „Prince“ ist nichts mehr so,
wie es im Märchen immer schon
war. Dass
nicht alle Prinzessinnen so unschuldig sind, wie sie scheinen, und auch Prinzen
nicht immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind, zeigen sechs Tänzer.
Make America great again
Mit „America“
wagt sich der 31-jährige Choreograf auch an politische Inhalte. Dass Donald Trump bei dabei
eine zentrale Rolle spielt, ist kein Geheimnis. Dem Künstler aber geht es darum, „nicht den Zuschauern einein Urteil zu präsentieren, sondern sie zum Nachdenken über die Situation in den USA anzuregen.“
Text und Gestaltung: Sarah Ehnert
Fotos:
Ida Zenna