Das tausendjährige Wurzen versammelt Häuser unterschiedlichster Epochen, die wie die Generationen einer großen Familie das Gesamtkunstwerk ergeben. Die oft unterschätzte Stadt gilt als eine der ältesten und schönsten Sachsens.
An kaum einem anderen Ort gibt es so viel unterschiedliche Architektur auf engstem Raum. Und das, ohne Eintritt zu zahlen! Stadtführer Wolfgang Ebert und LVZ-Redakteur Haig Latchinian lieben die heimliche Architektur-Hauptstadt des Landkreises Leipzig, jenen Ort, der es nicht nötig hat, seine Narben und Wunden unter dicker Schminke zu verstecken.
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LVZ-Redakteur Haig Latchinian (l. ) und der Wurzener Stadtchronist Wolfgang Ebert.
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Stadtchronist Wolfgang Ebert steht mit LVZ-Redakteur Haig Latchinian vor der Liegenbank in Wurzen. Die stilechte Heiste im Hintergrund befindet sich am historischen Markt.
Der Begriff Liegenbank bezieht sich auf ein altes deutsches Wort für Gesetz. Im Mittelalter sprach man dort Recht. Urteile wurden etwa bei Verstößen gegen das Marktrecht gefällt. Es ging also „nur“ um Haut und Haar, nicht um Kopf und Kragen.
LVZ-Redakteur Haig Latchinian (l. ) und der Wurzener Stadtchronist Wolfgang Ebert.
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Die Platte
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„1000 Wohnungen in 1000 Tagen“ lautete zwischen 1982 und 1984 die schwungvolle Losung in Nord II und Nord III. Ein Viertel der Wurzener zog allein in dieser Zeit um. Die Neubauten vom Typ WB 70 wurden inzwischen saniert und zum Teil auf drei Etagen reduziert.
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Das Posttor
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Die riesige Krone nebst Wappen gehört zum Crostigall wie die Spucke auf die Briefmarke. Sie krönt das barocke Posttor von 1734, durch das damals Postkutschen ausrückten. Die unter den Wappen befindlichen, in sich geschlungenen A und R sind Augustus Rex, König August, gewidmet. Die Zahl 3 bezieht sich auf die 3. Poststation von Dresden in Richtung Leipzig.
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Der Ortschronist über Wurzens Architektur
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Das Rathaus
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Das klassizistische Gebäude am Markt wurde 1803 gebaut, nachdem der Vorgängerbau an gleicher Stelle abgebrannt war. Die umfangreiche Sanierung nach der Wende gestaltete sich schwierig. Das Haus mit markant mittigem Turm musste fast völlig entkernt werden. Betondecken ersetzten Balkendecken. In dem Gebäude befinden sich heute Galerie und Bibliothek. Die Ämter dagegen sind längst in das wesentlich größere Stadthaus an der Friedrich-Ebert-Straße umgezogen. Böse Zungen spotten daher; man sieht den Umzug als Beweis für eine immer mehr um sich greifende Bürokratie.
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Das Portal
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Auf das Jahr 1582 geht das Sitznischenportal in der Färbergasse 16 zurück. Es besteht aus Rochlitzer Porphyrtuff. Seine Basis liegt gut einen halben Meter tiefer. Weil die Gassen erst viel später befestigt wurden, türmte sich bis dahin der Schutt. Damit hob sich das Straßenniveau. Die Lehnen der Sitze sind ergonomisch geformt, bestens geeignet für den Rundrücken der Großeltern. Sehen und gesehen werden!
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Der Jugendstil
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Es lohnt sich, mal wieder in die Geschäftsstelle der LVZ zu kommen. Im Eingangsbereich der ehemaligen Filiale der Reichsbank ist unter anderem diese Schmuckfliese mit charismatischem Gesichtsausdruck zu sehen. Sie gehört zum Jugendstilensemble der Rahn’schen Häuser im Badergraben.
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Hier entstanden in den 1930er-Jahren Eigenheime für Arbeiter und kleine Angestellte. Die Kredite hatten langfristige Laufzeiten. Manche Kredite waren erst nach der Wende abbezahlt. Im Volksmund hieß die Gegend Flugplatzsiedlung, da dort alle Straßen nach Fliegern aus dem Ersten Weltkrieg benannt waren.
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Das Schloss
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Das spätgotische Netzzellengewölbe zieht alle Blicke auf sich. In den Jahren 1491 bis 1497 ließ Bischof von Salhausen das erste für damalige Zeiten moderne Wohnschloss Deutschlands bauen. Statt um Wehrhaftigkeit ging es um Residieren und Repräsentieren. Seitdem gilt Wurzen als Nabel der modernen Schlossbaukunst Deutschlands.
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Das zeitlos schöne Gebäude, Lüptitzer Straße 14, orientiert sich am Stil der Moderne. Der damalige sozialdemokratische Bürgermeister Georg Boock ließ es 1928/29 für sich bauen. Die eher nüchterne Fassade ohne jeden Schnickschnack besticht genauso wie die klare, logische Aufteilung der Zimmer. Das Haus blieb auch in der Nazizeit in Familienbesitz, obwohl Georg Boock ins KZ kam. Nach dem Krieg kehrte er heim, bezog sein Haus und wurde 1946 Oberbürgermeister von Erfurt. Das Anwesen wechselte den Besitzer.
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Das Museum
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Domgasse 2 war früher Wohn- und Geschäftssitz einflussreicher Kaufleute. Das Haus zeigt Elemente der Spätrenaissance und des Frühbarocks. Napoleon nächtigte hier vom 8. auf den 9. Oktober 1813. Bei seiner Abfahrt warf der Kaiser in Rage über die militärische Großwetterlage eine Tasse Schokolade zu Boden, sodass sie in Tausend Scherben zersprang. Liebevoll zusammen gefügt, ist die Napoleontasse heute im Haus zu besichtigen.
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Der Dom
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Die Rundbögen erinnern an die Pfeilerbasilika aus dem Jahre 1114, die noch auf Bischof Herwig zurück geht. Der ursprünglich romanische Dom ist einer der ältesten und interessantesten Kirchenbauten Sachsens. Es wird angenommen, dass der erste Sakralbau an dieser Stelle nur so hoch wie die Rundbögen war und als Abschluss oberhalb der Bögen eine Balkendecke eingezogen wurde.
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Die Villen
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In der Straße des Friedens entfaltet sich noch heute die kunstsinnige Pracht hochherrschaftlicher Villen aus der Gründerzeit.
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Der Sozialbau
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Ende der 1920er-Jahre waren Wohnungen knapp. Im Stil der neuen Sachlichkeit entstanden kleine, moderne Einheiten, wie hier in der Friedrich-Ebert-Straße.
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