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Auf Streifzug durch Lindenau

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Auf Streifzug durch den Kiez: In der Serie "Mein Viertel" führen Leipziger durch ihren Stadtteil, zeigen Lieblingsplätze und Schandflecken. In Teil 6 spaziert Thomas Gnauk durch sein Lindenau.

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Ein Mann - mittleres Alter, Birkenstocksandalen - lädt das eben gekaufte Bio-Gemüse auf sein Transportrad. Ein paar Schritte weiter schiebt eine jugendliche Frau mit roten Strähnen im Haar einen Kinderwagen in den Supermarkt. Gegenüber berät der Buchhändler Ansgar Weber seine Kunden. Nebenan sitzen Trinker und vertreiben sich den Tag.
Am Lindenauer Markt treffen Menschen aus sämtlichen Schichten zusammen. „Das ist 'ne Welt für sich hier“, sagt der Ur-Lindenauer Thomas Gnauk stolz. Der 70-Jährige ist direkt am Lindenauer Markt aufgewachsen und lebt noch heute in dem Haus, das sein Großvater 1928 erbauen ließ.

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Ur-Lindenauer Thomas Gnauk
Vollbild

Der pensionierte Chemiker liebt den Stadtteil im Leipziger Westen, kennt ihn wie seine Westentasche. Er ist zufrieden mit den Veränderungen, die seit der Wende Lindenau „erstrahlen lassen“. Besonders begeistert ist Gnauk, dass so viele baufällige Häuser saniert wurden, dass Details wie Gesichter oder Blumen-Reliefs auf den Fassaden wieder in Erscheinung treten.

Den Zustrom nach Leipzig bemerkt das Lindenauer Urgestein auch bei der Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt. Gnauk vermietet selbst Wohnraum. „In den 90er Jahren hatte ich mal drei bis vier leerstehende Wohnungen“, erinnert er sich. Mittlerweile bekomme der 70-Jährige ständig Anfragen von Bekannten, die jemanden kennen, der eine neue Bleibe sucht. „Wir brauchen wahrscheinlich nie wieder eine Anzeige zu veröffentlichen“, sagt der Hausbesitzer.

Der Zuzug macht sich auch andernorts bemerkbar. Es gebe mehr Hostels und Kneipen als noch vor fünf Jahren, beobachtet Gnauk. Besonders Studenten ziehen gern in die Stadtteile Neulindenau, Alt-Lindenau und Lindenau. „Sie kommen wegen der Szene und haben wenig Geld“, fasst Gnauk zusammen. In der Georg-Schwarz-Straße entstand vor Kurzem das Pizza-Lab. Hier wird vegane Pizza verkauft, alle Gewinne werden gespendet.

Nebenan verkauft der Spätverkauf „Schwarzmarkt“ Hot-Dogs und hippe Limonaden. Gegenüber sammelt das Krimzkrams als urbane Ideenwerkstatt Rohstoffe und bastelt in Workshops neue Dinge daraus. Und etwas weiter stöbern Studenten im Fundus des „Hilde tanzt“-Secondhand-Ladens. Gnauk freut sich über die neuen Nachbarn. „Wir sind doch alle Leipzig“, sagt er.

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Ur-Lindenauer Thomas Gnauk
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Das Dorf Lindenau entstand im Mittelalter. „Westlich einer wasserreichen Auenlandschaft mit Fischgründen wurden am Rande eines Waldes Flächen für die Landwirtschaft gerodet“, weiß der Leipziger Historiker Rainer Müller. Zunächst gab es etwa 30 Bauernhöfe, eine Mühle, eine Kirche und ein Rittergut. „Bis 1890 hat sich Lindenau zum einwohnerreichsten Dorf im Königreich Sachsen entwickelt“, erzählt Müller.

Zahlreiche Handwerks- und Industriebetriebe prägten den Ort.
Die Landgemeinde Lindenau wurde 1891 mit mehr als 25.000 Einwohnern in die Stadt Leipzig eingemeindet und wuchs während der Industrialisierung rasant: Bereits 20 Jahre später lebten mehr als 60.000 Einwohner im Stadtteil Lindenau.

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Jahrmarkt am Lindenauer Markt 1910
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„Der mittelalterlichen Lindenauer Flur entsprechen die heutigen Ortsteile Alt-Lindenau, Lindenau und Neulindenau“, sagt Müller. Doch auch Teile der heutigen Stadtviertel Schönau, Plagwitz und Leutzsch gehörten früher einmal zur Landgemeinde. Den Mittelpunkt dieser Gemeinde bildeten der nahe gelegene Lindenauer Markt und die Nathanaelkirche.

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Video

Der Ur-Lindenauer Thomas Gnauk über sein Viertel

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Der Markt am Mittwoch und Freitag ist für Thomas Gnauk ein fester Termin. „Meine Frau schreibt mir einen Einkaufszettel und ich klappere alle Stände ab“, erzählt er. Schon seit er denken kann, ist Lindenau ein Kiez gewesen, in dem man alles bekommt. „In der DDR gab es hier oft mehr Waren als in der Stadt“, erzählt Gnauk.

Drei große Kaufhäuser befanden sich in unmittelbarer Nähe. Es ist viel passiert in den vergangenen Jahrzehnten: Der Senior erzählt vom Luftschutzbunker aus dem Jahr 1941, der sich noch heute unter dem Lindenauer Markt befindet. Gnauk fährt fort, von der „stinkenden Brühe“, dem verschmutzten Wasser in der Kleinen Luppe, von dem Kino „Edda“ in der Siemeringstraße zu erzählen. Darin habe er in den 50er Jahren beispielsweise den „Kleinen Muck“ gesehen.

Daneben, in der Lützner Straße, entdeckt er beim Spaziergang durch das Viertel die Minol-Tankstelle. Eine der letzten, die wieder das originale DDR-Logo trägt.

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Im Palmengarten hat Gnauk Schlittschuhlaufen gelernt, erinnert er sich. Immer noch kommt er gern mit seinen Kindern in den grünen Park, etwa um das Freilandspiel Wikingerschach zu spielen. „Das ist doch herrlich hier, wenn man zwischen den Bäumen steht und diesen weiten Blick ins Grün genießt“, freut sich Gnauk.

Außerdem spaziert der 70-Jährige gern am Karl-Heine-Kanal entlang. Er freut sich, dass in die Philippus-Kirche wieder Leben eingezogen ist. Passend zu Lindenau hat sich in dem vormals leerstehenden Gebäude etwas ganz Besonderes entwickelt: ein Hotel, das von Menschen mit und ohne Behinderung betrieben wird.

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Thomas Gnauk ist zufrieden mit der Entwicklung Lindenaus. Einzig das brache Jahrtausendfeld und die „heruntergekommene Ecke“, an der Merseburger und Georg-Schwarz-Straße aufeinandertreffen, stören ihn. Aber insgesamt ist der Chemiker froh, seit 70 Jahren im lebhaften und sich immer wandelnden Stadtteil zu Hause zu sein.

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Texte, Videointerviews, Produktion: Theresa Held
Fotos und Videodreh: Dirk Knofe,
Logo: Patrick Moye
Schnitt: Felix Ammenn (Leipzig Fernsehen)
Konzept: Gina Apitz

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Lindenau – ein vielschichtiger Stadtteil, immer in Bewegung

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